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Netzausbau Strom/Gas

Netzausbau Strom/Gas

Die Strom- und Gasnetze in Deutschland müssen im Zuge der Energiewende weiterentwickelt und an die neuen Herausforderungen angepasst werden.

Sowohl die zunehmende fluktuierende Stromerzeugung aus Wind- und Photovoltaik-Anlagen, die einen Stromtransport in die Verbrauchszentren erfordert, als auch das Zusammenwachsen der europäischen Stromnetze im Rahmen der EU-Energieunion bedingen einen umfangreichen Stromnetzausbau auf Ebene von Übertragungsnetzen und Verteilnetzen. Parallel erfordert der Rückgang der niederländischen Gasförderung eine Umstellung des nordwestdeutschen Gasnetzes von niedrigkalorischem (L-Gas) auf hochkalorisches Erdgas (H-Gas) mit Netzausbaumaßnahmen zum Anschluss an andere Gasbezugsquellen. Zukünftig werden Wasserstoffnetze eine zentrale Rolle in der Energieversorgung übernehmen. Hierzu können teils bestehende Gasleitungen genutzt oder es müssen neue Leitungen gebaut werden.

Das Energiewirtschaftsgesetz stellt für die Errichtung und Änderung von Energieleitungen oberhalb bestimmter Schwellenwerte (bspw. bei Strom ab 110 kV, bei Gas ab 300 mm Durchmesser) das Planfeststellungsverfahren zur Verfügung. Ebenso können bestimmte Nebenanlagen (bspw. Konverter oder Verdichterstationen) und Großspeicher (bspw. Pumpspeicherkraftwerke) auf Antrag des Vorhabenträgers im Planfeststellungsverfahren genehmigt werden. Mit dem Planfeststellungsverfahren werden alle öffentlichen und privaten Belange, die von einem Leitungsbauvorhaben berührt werden, an einer Stelle zusammengeführt, entsprechend ihrer Gewichtung untereinander abgewogen und im abschließenden Planfeststellungsbeschluss beschieden (Konzentrationswirkung). Wesentlicher Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens ist die Prüfung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens und die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit mit der Erörterung erhobener Einwendungen. Die Planfeststellungsverfahren werden in Nordrhein-Westfalen von den Bezirksregierungen geführt.

Der Planung und Genehmigung von Strom- wie Gasnetzen geht eine umfangreiche Bedarfsermittlung voraus. Diese stellt sicher, dass die verfolgten Projekte energiewirtschaftlich notwendig sind und Fehlinvestitionen vermieden werden. Der Netzausbau soll gezielt erfolgen. Bestehende Netze zuvor optimal ausgelastet werden.

Für das Stromnetz wurde auf Basis der sog. Dena I-Studie zur Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung aus dem Jahr 2005 im Jahr 2009 mit dem Energieleitungsausbaugesetz ein Katalog von Netzausbauprojekten beschlossen, deren energiewirtschaftliche Notwendigkeit damit vom Bundesgesetzgeber verbindlich festgestellt wurde. Dies erübrigt einen erneuten Nachweis des Bedarfs im Einzelfall im der konkreten Planungs- und Genehmigungsverfahren. Zehn dieser Vorhaben betreffen zumindest teilweise Nordrhein-Westfalen (zusammen rd. 450 km), zwei davon nur sehr geringfügig. Hierzulande geht es ganz überwiegend um den Ersatz vorhandener Leitungen in bestehenden Trassen durch neue Masten und Leiterseile mit größerer Transportkapazität. In sechs der 22 Leitungsbauvorhaben ermöglicht das EnLAG die Erprobung von Erdverkabelungen auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten. Drei dieser sechs sog. Erdkabel-Pilotprojekte befinden sich in Nordrhein-Westfalen und zwar die Leitungen vom niedersächsischen Meppen nach Wesel am Niederrhein (EnLAG-Vorhaben Nr. 5), die Rheinquerung bei Wesel (EnLAG-Vorhaben Nr. 14) und die Leitung von Gütersloh nach Lüstringen (EnLAG-Vorhaben Nr. 16).

Im Jahr 2011 wurde mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz die Bedarfsplanung für Strom- und Gasnetz neu im Energiewirtschaftsrecht geregelt. Das Verfahren wurde im Jahr 2015 nach ersten Erfahrungen weiter angepasst. Kern der Netzentwicklungsplanung ist sowohl im Bereich des Netzentwicklungsplanes Strom, als auch im Bereich des Netzentwicklungsplanes Gas eine Bedarfsrechnung für verschiedene energiewirtschaftliche Szenarien für ein jeweiliges Zieljahr. Dafür sind die Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber verpflichtet alle zwei Jahre einen Szenariorahmen zu entwerfen, der jeweils wahrscheinliche energiewirtschaftliche Entwicklungen der nächsten 10-15 Jahre in einer gewissen Spannbreite abbildet. Diese Szenariorahmen werden der Bundesnetzagentur (BNetzA) vorgelegt. Die Szenarien werden öffentlich in einem Beteiligungsverfahren konsultiert und schließlich von der BNetzA genehmigt. Auf dieser Basis wird dann der jeweilige Netzentwicklungsplan von den Übertragungsnetz- wie Fernleitungsnetzbetreibern errechnet und je nach Szenario werden verschiedene Netzausbaumaßnahmen vorgeschlagen. Es erfolgen wiederum eine öffentliche Konsultation, eine Überprüfung durch die BNetzA, erneute Konsultation und eine Genehmigungsentscheidung der BNetzA.

Auf der Grundlage genehmigter Netzentwicklungspläne können die Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber die darin enthaltenen Um- und Ausbauvorhaben verfolgen. Die Bundesregierung erarbeitet auf dieser Grundlage alle vier Jahre einen Bundesbedarfsplan und legt ihn dem Bundestag zu Beschlussfassung vor. Die Vorhaben werden ähnlich dem o.g. Energieleitungsausbaugesetz in einen gesetzlichen Katalog im Bundesbedarfsplangesetz als energiewirtschaftlich notwendige Projekte aufgeführt. Damit ist auch eine Zuordnung der Vorhaben in Bundes- bzw. Landeszuständigkeit verbunden. Dies betrifft in Nordrhein-Westfalen bislang fünf Projekte in Landeszuständigkeit (zusammen rd. 150 km) sowie sechs länderübergreifende Projekte in Bundeszuständigkeit (BNetzA).

Parallel zur nationalen Netzentwicklungsplanung findet auch alle zwei Jahre eine europäische Netzentwicklungsplanung mit dem sog. Ten Year Network Development Plan (TYNDP) statt. Die im TYNDP ermittelten europäisch bedeutsamen Vorhaben finden Eingang in die Unionsliste der sog. TEN-E-Verordnung. Damit erhalten zahlreiche nationale Vorhaben zugleich auch einen europarechtlichen Status mit eigener Bedarfsfeststellung in der Unionsliste und weiteren Verfahrensanforderungen (ec.europa.eu/energy/en/topics/infrastructure/projects-common-interest). Dies betrifft in Nordrhein-Westfalen mehrere grenzüberschreitende und länderübergreifende Vorhaben. Die Bundesnetzagentur bietet eine Übersicht über die europäisch bedeutsamen Vorhaben in Deutschland und die entsprechenden Anforderungen.

Auf dieser Basis der Bedarfspläne können die Netzbetreiber und Fernleitungsnetzbetreiber für die Vorhaben in Landeszuständigkeit Raumordnungsverfahren nach dem Raumordnungsgesetz und Landesplanungsrecht durchführen (Weitere Informationen: Landesplanung).

Die BNetzA ermittelt für die ihrer Zuständigkeit unterfallenden grenzüberschreitenden und länderübergreifenden Übertragungsnetzausbauprojekte auf Antrag der Übertragungsnetzbetreiber im Rahmen einer Bundesfachplanung Trassenkorridore für neue Höchstspannungsleitungen nach den Vorschriften des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes. Die so ermittelten und festgelegten Trassenkorridore sind als Ziele der Raumordnung für nachfolgende Planfeststellungsverfahren bindend.

Anschließend können die Netzbetreiber und Fernleitungsnetzbetreiber energierechtliche Planfeststellungsverfahren bei den zuständigen Planfeststellungsbehörden beantragen (Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) § 43 Erfordernis der Planfeststellung). In Nordrhein-Westfalen liegt die Zuständigkeit für die Vorhaben in Verantwortung des Landes bei den Bezirksregierungen. Die Bezirksregierungen beteiligen im Verfahren die betroffene Öffentlichkeit und informieren über die laufenden Verfahren (ArnsbergDetmoldDüsseldorfKölnMünster).

Für die Vorhaben in Verantwortung des Bundes liegt die Zuständigkeit bei der Bundesnetzagentur.

Stand des Netzausbaus in Nordrhein-Westfalen

Die Bundesnetzagentur führt ein regelmäßiges Monitoring des Höchstspannungs-Übertragungsnetzausbaus in Bundes- wie auch Länderzuständigkeit durch.

Um die Ausbaubedarfe auf Ebene der Verteilnetze besser prognostizieren zu können hat die Landesregierung  die Ausbaubedarfe in einer Verteilnetzstudie untersuchen lassen.
Eine technische Überwachung des Bestandsnetzes erfolgt durch die technische Energieaufsicht bei der Bezirksregierung Arnsberg.