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Konzessionsvergabe Strom und Gas

Steckdose in der Küche

Konzessionsvergabe Strom und Gas

Die bundesweit bestehenden etwa 20.000 Konzessionsverträgen für Strom und Gas sind spätestens alle 20 Jahre von den Kommunen in einem wettberwerblichen Verfahren neu zu vergeben.

Eine einfache Verlängerung oder Neuvergabe dieser Verträge ist rechtlich nicht möglich. Zuvor muss vielmehr ein wettbewerbliches Verfahren durchgeführt werden. In diesem konkurrieren vielfach kommunale Unternehmen auch mit überregionalen Anbietern aus dem gesamten Bundesgebiet um die Strom- beziehungsweise Gaskonzession einer Gemeinde.

Häufig gestellte Fragen und ihre Antworten

Nach § 46 Abs. 3 S. 1 EnWG ist das Auslaufen des Konzessionsvertrags zwei Jahre vorher bekannt zu machen. Bei der Auswahl des Neukonzessionärs haben die Kommunen nach § 46 Abs. 4 S. 1 EnWG die Ziele des § 1 EnWG vorrangig zu berücksichtigen. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung, dass sich die sachgerechten Kriterien für die Entscheidung der Kommune aufgrund der Vorgaben der Entflechtung des Netzbetriebs von Vertrieb und Erzeugung auf Aspekte des Netzbetriebs beschränken müssen (BT Drs. 17/6072, S. 88).
 
Die kommunalen Belange können nach § 46 Abs. 4 S. 2 EnWG berücksichtigt werden. Im Sinne eines diskriminierungsfreien Wettbewerbs um die Wegenutzungsrechte muss die administrierende Gemeinde die Auswahlkriterien so wählen und ausgestalten, dass sie jeder Bewerber gleichermaßen erfüllen kann. Insbesondere dürfen die aufgestellten Kriterien kommunale Bewerber gegenüber sonstigen Bewerbern nicht bevorzugen. Dies gilt auch für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.
 
Die Kommunen können bei der Vergabe der Wegerechte gemäß dem aus Art. 28 GG folgenden Recht auf kommunale Selbstverwaltung kommunal(wirtschaftlich)e Interessen gemäß der aktuellen Rechtsprechung in zweiter Linie – nach den Zielen des § 1 EnWG – berücksichtigen. Die kommunale Selbstverwaltung verschafft ihnen aber keine Sonderstellung.
 
Nach der Entscheidung über die Neukonzessionierung anhand von allen Bewerbern rechtzeitig bekannt gegebenen Auswahlkriterien und deren Gewichtung, hat die Kommune gemäß § 46 Abs. 5 S. 2 EnWG diese unter Angabe der wesentlichen Gründe bekannt zu machen. Die unterlegenen Bewerber sind nach § 46 Abs. 5 S. 1 EnWG über die Gründe der vorgesehenen Ablehnung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des beabsichtigten Vertragsschlusses in Textform zu informieren. Vor Ablauf der in § 47 Abs. 6 EnWG genannten Fristen, dessen konkrete Berechnung einem evtl. Antrag auf Akteneinsicht folgt (s.u.), darf der Vertrag mit dem Neukonzessionär nicht unterzeichnet werden.
 
Die unterlegenen Bewerber können nach § 47 Abs. 3 EnWG Akteneinsicht verlangen, soweit nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Bewerber tangiert sind. Diese sollten bei Übersendung von den Bewerbern für die Kommune in den Unterlagen kenntlich gemacht werden.
 
Die Regelungen in § 47 EnWG über die Informations- und Wartepflichten sowie Rügeobliegenheiten und Präklusion schaffen Rechtssicherheit durch Verfahren.
 
Die Kommune ist nicht verpflichtet, über Rügen unverzüglich zu entscheiden. Vielmehr sollte, die Gemeinde ihre Rügeentscheidungen nach § 47 Abs. 4 EnWG auf das Ende des Verfahrens konzentrieren, um zu verhindern, dass sich jeder Verfahrensschritt hinauszögert bis eine Rüge durch alle gerichtlichen Instanzen gegangen ist.

Die Kommune als Gebietskörperschaft braucht die Konzession nicht zu erwerben, weil sie selbst Inhaberin der Wegerechte ist, für deren Nutzung sie die Rechte erteilt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung zu der Konzessionsvergabe, zum Beispiel an kommunaleigene Netzgesellschaften oder Stadtwerke, ist sowohl die Neugründung von kommunalen Unternehmen zur Netzübernahme als auch die Gestattung der Wegerechte an bereits bestehende kommunale Unternehmen, wie Stadtwerke, möglich.

Im letzteren Fall kann das bereits bestehende Stadtwerk sich wie alle anderen Interessenten um die Wegerechte bewerben. Auch die Neugründung einer Netzgesellschaft oder eines Stadtwerks, das sich dann um die Konzession bewirbt (sog. 2-stufige Verfahren), ist zulässig.

Bei der Vergabe der Wegerechte durch die Kommune sind die o.g. Vorgaben zu beachten. Eine Vorfestlegung auf oder Bevorzugung des kommunalen Unternehmens oder eines Unternehmens, an dem die Kommune beteiligt ist, ist auf jeden Fall zu vermeiden. Auch eine sogenannte Inhouse-Vergabe ist weiterhin nicht möglich (s. § 46 Abs. 6 EnWG) – dieser hat der Gesetzgeber mit Unterstützung des Bundesrates eine klare Absage erteilt.

Aus kartell- und wettbewerbsrechtlichen Gründen bestehen keine Bedenken gegen die Konzessionsvergabe an kommunale Unternehmen oder Unternehmen, an denen Kommunen beteiligt sind. Voraussetzung ist, dass sich die Kommunen in dem Verfahren zur Einräumung der Wegerechte an die rechtlichen Vorgaben und die Rahmenbedingungen halten, die das Gesetz und die Rechtsprechung aufzeigen – das heißt ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren durchführen, primär orientiert an den Zielen des § 1 EnWG, ohne unzulässige Vorfestlegungen oder Bevorzugungen.

Neue Rechtslage seit Februar 2017

Die rechtlichen Vorgaben für die Konzessionsvergabe zur Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern mit Elektrizität im Gemeindegebiet dienen, sind im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geregelt. Die Gestattung der Wegerechte ist auch weiterhin keine Vergabe i.S. von §§ 97 GWB. Dies folgt aus Erwägungsgrund 16 der Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen (Richtlinie 2014/23/EU) sowie der Begründung zu § 105 Abs. 1 des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (BR Drs. 367/15, S. 86). Vielmehr haben die Kommunen europäisches Primärrecht zur Durchführung eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens zu beachten.
 
Das Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung vom 27. Januar 2017, das am 3. Februar 2017 in Kraft getreten ist, hat die Rechtslage zur Gestattung der Wegerechte klarer geregelt und präzisiert.
 
Die Rechtslage seit Februar 2017 fußt im Wesentlichen auf Vorarbeiten einer Arbeitsgruppe der Landesregierung NRW, in der Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, dem VKU, dem BDEW, der Anwaltschaft mit großen, mittelständischen und kleineren Anwaltskanzleien bzw. Beratungsgesellschaften, deren Mandanten überwiegend Kommunen sind, sowie dem für Kommunen zuständigen Innenressort vertreten waren. Mit der Novellierung 2017 sind die maßgeblichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Gestattung von Wegerechten für Strom- und Gasnetze in den Fällen Kaufering (Urt. v. 16.11.1999; KZR 12/97), Heiligenhafen (Urt. v. 17.12.2013; KZR 65/12), Berkenthin (Urt. v. 17.12.2013; KZR 66/12), Homberg (Beschl. v. 03.06.2014; EnVR 10/13) Olching (Urt. v. 07.10.2014; EnZR 86/13) und Springe (Urt. v. 14.04.2015, EnZR 11/14) berücksichtigt worden. Wesentlicher Inhalt war demnach:

  • die Präzisierung der Ermittlung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung (§ 46 Abs. 2 S. 4 EnWG),
  • die Berücksichtigung kommunaler Belange (§ 46 Abs. 4 S. 2 EnWG),
  • der Umfang der Datenherausgabe (§ 46a EnWG),
  • Informations-, Veröffentlichungs- und Wartepflichten (§ 47 EnWG) und
  • die Fortzahlung der Konzessionsabgabe nach Ablauf des Konzessionsvertrages (§ 48 Abs. 4 EnWG).

Außerdem wird zusätzlich auf den Gemeinsamen Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers vom 21. Mai 2015 zur Berücksichtigung verwiesen.