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Europäisches Beihilfenrecht

Europäisches Beihilfenrecht

Das europäische Beihilfenrecht verbietet Subventionen und andere Vergünstigungen aus staatlichen Mitteln, die den Wettbewerb verzerren könnten.

Das europäische Beihilfenrecht ist in den Artikeln 107 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt. Mit den Regelungen soll sichergestellt werden, dass eine Wettbewerbsverzerrung im Binnenmarkt verhindert beziehungsweise beseitigt und ein offener, unverfälschter und wettbewerbsfähiger Markt geschaffen wird.

Staatliche Beihilfen sind nach Art. 107 Abs. 1 AEUV grundsätzlich verboten. Hierzu zählen nicht nur direkte finanzielle Zuwendungen an Unternehmen, sondern z.B. auch zinsverbilligte Darlehen, staatliche Garantien, Steuervergünstigungen oder die Bereitstellung von Grundstücken, Waren, Dienstleistungen oder Infrastrukturen zu Sonderkonditionen. Die Mitgliedstaaten sind daher grundsätzlich gehalten, die Beihilfe bei der Europäischen Kommission (im Folgenden: Kommission) anzumelden (Notifizierungspflicht) und mit der Gewährung der Beihilfe bis zur Genehmigung durch die Kommission zu warten (Stillhaltegebot).

Die beihilferechtliche Prüfung

Bei einer beihilferechtlichen Prüfung ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt eine staatliche Beihilfe nach Artikel 107 Abs. 1 AEUV mit den sechs kumulativ zu erfüllenden Kriterien vorliegt:

  • Unternehmen
  • Selektivität
  • Begünstigung
  • staatliche Mittel
  • Eignung zur Verfälschung des Wettbewerbs,
  • Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

Zwar ist nicht jedes staatliche Eingreifen in den Markt gleich beihilferechtlich relevant. Insbesondere weist die Kommission seit 2015 vermehrt darauf hin, dass rein lokale Sachverhalte aufgrund fehlender Handelsbeeinträchtigung nicht unter den Beihilfetatbestand fallen, was auch dem im Übrigen seit der Beihilfenrechtsreform 2012-2014 verfolgten Ansatz der Kommission „big on big – small on small“ entspricht. Diesbezüglich hat sie auch ihre Entscheidungspraxis geändert und zwei Fallpakete (1 und 2) zur Orientierung der Mitgliedstaaten veröffentlicht.

Ausnahmen von der Notifizierungspflicht und dem Stillhaltegebot

Aufgrund der Fülle von beihilferechtlich relevanten Sachverhalten sind jedoch mit der Zeit verschiedene Vorschriften erlassen worden, die bestimmte Beihilfen von der Notifizierungspflicht freistellen, insbesondere:

  • Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) und spezielle Gruppenfreistellungsverordnungen
  • De-minimis-Verordnungen
  • Beschluss der Europäischen Kommission zur Freistellung von Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) 

Werden alle Voraussetzungen dieser beihilfenrechtlichen Regelungen eingehalten (inkl. der Anzeige-, Berichts- und Dokumentationspflichten), können auf diesem Weg Beihilfen rechtskonform gewährt werden. Mit den o.g. Regelungen wird mittlerweile der überwiegende Teil der beihilferelevanten Fördermaßnahmen in den Mitgliedstaaten abgedeckt. Aufwändige Notifizierungs- und Genehmigungsverfahren sind daher in der Regel nur noch in Ausnahmefällen erforderlich (z.B. bei besonders hohen Beihilfesummen oder bei neuen oder atypischen Sachverhalten, die von den Regelungen nicht hinreichend erfasst sind).

Transparenz- und Berichtspflichten

Die Transparenz- und Berichtspflichten sind ein zentraler Bestandteil im beihilferechtlichen Verwaltungsprozess. Für die Erfüllung dieser Pflichten stellt die Kommission drei elektronische Anmeldesysteme bereit: (1) State Aid Notification Interactive 2 (SANI2), (2) State Aid Reporting Interactive (SARI) und (3) Transparency Award Module (TAM).  Alle drei Datenbanken kommen zum Beispiel bei der Gewährung von Beihilfen nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) zur Anwendung.

Beihilfen für DAWI und De-minimis Beihilfen sind in SANI2, SARI und TAM nicht anzeige- oder berichtspflichtig. Für sie gelten teilweise andere Berichtspflichten. Die Meldungen für DAWI-Beihilfen erfolgen alle zwei Jahre. Für De-minimis-Beihilfen gibt es derzeit noch keine Berichtspflichten, sondern lediglich die üblichen Aufbewahrungspflichten der beihilferechtlich relevanten Unterlagen - zehn Jahre ab Gewährung der Beihilfe. Das sind bei De-minimis-Beihilfen unter anderem die De-minimis-Erklärung, die von den Beihilfeempfängerinnen und -empfängern vorab auszufüllen ist, sowie die De-minimis-Bescheinigung des Beihilfengebers. Zum 1.1.2026 wird durch die EU eine Registerpflicht für De-minimis-Beihilfen eingeführt.